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Wie Deutschland das 1,5-Grad-Ziel einhalten kann

Viele reden über Klimaziele und nicht immer ist klar, was eigentlich konkret gemeint ist. Häufig wird ein Datum genannt, ab dem man kein CO2 mehr emittieren darf. Auf der Pariser Konferenz 2015 wurde vereinbart, die Erderwärmung auf unter 2° zu begrenzen und darüber hinaus auch Anstrengungen zu unternehmen, die Erderwärmung von 1,5° nicht zu überschreiten. Wie das erreicht werden soll, ist offen, jedes Land soll sich Ziele setzen. Häufig wird ein Datum für Reduktion von Treibhausgasemissionen im Vergleich zu einem Referenzpunkt genannt z.B. bei Deutschland -40% 2020, -55% 2030 und -80% bis -95% bis 2050 im Vergleich zu 1990. Das beschreibt die nötigen Maßnahmen nicht ausreichend gut. Bisher reichen die Ziele der einzelnen Länder nicht aus, um die Erwärmung auf 2° zu begrenzen.

Im Sonderreport des Weltklimarates IPCC 2018 wurde beschrieben, wieviel Treibhausgase auf der Welt noch emittiert werden dürfen, um mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Erwärmung auf einen bestimmten Wert zu begrenzen. Die Einheit dafür ist ein CO2-Äquivalent (CO2 Äq), also die Menge von CO2, die der Wirkung des Mixes der verschiedener Treibhausgase entspricht. So hat z.B. CH4 (Methan, Erdgas) in 100 Jahren die 24-fache Wirkung von CO2. Daraus ergibt sich das weltweite CO2-Budget:

  • Für 50% Wahrscheinlichkeit und 2° sind es 1500 Gitatonnen CO2 Äq
  • Für 67% Wahrscheinlichkeit und 1,78° sind es 800 Gitatonnen CO2 Äq und
  • für 67% Wahrscheinlichkeit und 1,5° sind es 420 Gitatonnen CO2 Äq.

Im Blog von Stefan Rahmstorf (Potsdam Institut für Klimafolgenforschung) ist anschaulich hergeleitet, was das für Deutschland bedeuten könnte. Er nimmt als Beispiel für das Pariser Klimaziel eine Erhöhung von 1,75° Grad und 67%tiger Wahrscheinlichkeit an und verteilt das restliche Budget gleichmäßig auf alle Menschen. Dann errechnet er, wieviel das für die in Deutschland lebenden Menschen ausmacht und wann wir bei 0 sein müssen, wenn wir linear jedes Jahr den gleichen Betrag einsparen. Das Ergebnis ist 2035.

Das deutsche CO2-Budget für das 1,5-Grad-Ziel

Das weltweite CO2-Budget für 67% Wahrscheinlichkeit und 1,5° ist 420Gt ab 2018. In den Jahren 2016/2017 wurde weltweit ca 80Gt emittiert, folglich gibt es ein Budget von ca. 500Gt ab 2016. In Deutschland leben ca. 1,1% der Weltbevölkerung, demnach ist das deutsche Budget ab 2016 ca. 5,5Gt. Deutschland hat in den Jahren 2016-2018 ca 2,4Gt (rund 0,8Gt/Jahr) emittiert, damit bleiben ab 2019 noch 3,1Gt. Spätestens jetzt wird klar, dass zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziel für Deutschland radikale Maßnahmen erforderlich sind. Machen wir so weiter, ist das Budget in 4 Jahren aufgebraucht. Kein Kohlekraftwerk dürfte mehr laufen, kein Benzin-getriebenes Auto mehr fahren und keine Kuh mehr pupsen (Methanemission). Ein Reduktionspfad graphisch dargestellt sieht so aus:

Treibhausgasemissionen und Budget für Deutschland analog der Rechnung
von Stefan Rahmstorf für das 1,5 Grad Ziel

Budgets kennen viele eher vom Geld, wenn man das mal überträgt ist es so: Sie haben als BereichsleiterIn für die nächsten 10 Jahre ein Budget von 3,1 Mio € bekommen, ihre laufenden Ausgaben sind derzeit 0,8 Mio €/Jahr. Was machen Sie ? Entweder sie verkünden ein sofortiges radikales Sparprogramm und machen sich bei einigen KollegInnen unbeliebt oder sie tun nichts und werden spätestens in einem Jahr wegen Untätigkeit gefeuert.

Kaum ein Politiker bewirbt für ein radikales CO2-Sparprogramm, um sich nicht unbeliebt zu machen. Wie lange Er oder Sie diesen Job noch macht, ist in diesem Falle die Entscheidung der WählerInnen. Leider hat die NachfolgerIn einen sehr viel schwereren Job, denn ein Großteil des Budgets ist ja schon verbraucht und die nötigen Maßnahmen sind immer radikaler und auch unangenehmer. In dieser Situation befinden wir uns jetzt. Wertvolle Zeit für einen langsamen Umbau ist verstrichen, ein viel zu großer Teil unseres Budgets aufgebraucht, so dass wir es realistisch nicht einhalten können: Wir haben eine Klimakrise.

So kann Deutschland das 1,5-Grad-Ziel einhalten

Gibt es denn realistischer Weise überhaupt eine Chance eine Katastrophe zu verhindern? Einige setzen auf Innovation und z.B. negative CO2-Emissionen. Grundsätzlich ist das denkbar, vielleicht wir auch gar nicht ohne aus, aber das ist sehr sehr teuer und keine Alternative zur Reduktion der Emissionen. Wir werden das Thema in einen späteren Beitrag aufgreifen. Wenn Deutschland mehr Budget verbraucht, als uns pro Kopf zusteht, muss ein anderes Land weniger verbrauchen. Das würde gehen, denn z.B. sind in Indien die Pro-Kopf-Emissionen sehr viel niedriger als in Deutschland. Wenn wir z.B. bis 2030 zeigen, dass ein führendes Industrieland seinen Strombedarf zu 100% erneuerbar decken kann und diese Technologie dann nach Indien übertragen, wird Indien sein Budget nicht ausschöpfen und so könnte das weltweite Budget eingehalten werden.

Wir können in Deutschland die Pariser Klimaziele einhalten indem wir soziale Gerechtigkeit auch gegenüber nachfolgenden Generationen und Menschen in anderen Teilen der Welt zum Maßstab unseres Handelns machen. Dafür sind zwei Dinge notwendig:

1.) In Deutschland mit guten Beispiel vorangehen, ambitionierte Ziele setzen und diese dann auch einhalten, z.B. 2030 100% erneuerbare Energie im Stromsektor und 2035 in den Sektoren Wärme und Verkehr. Das ist technisch heute möglich und nicht teurer als der bisherige Mix. Für die Bereiche Industrie und Landwirtschaft brauchen wir vermutlich mehr Zeit als 2035, jedoch ist eine Reduktion auf 80-90% des heutigen Niveaus evt. bis 2035 erreichbar.

2.) Klimaschutzprojekte in anderen Teilen der Welt viel stärker unterstützen, als es jetzt de Fall ist.

Es gibt 3 Kommentare

Ich plane ein Update schreiben. Ich stimme zu , dass wir ein Overshoot, also das überschreiben von 1,5 Grad nicht mehr verhindern können. Um im Jahr 2100 zurück zu 1,5 Grad zu kommen muss der Atmosphäre CO2 entzogen werden.

Hallo,

vielen Dank für diesen informativen Blog! Auf der Suche nach Infos dazu, was Deutschland tun muss, um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen, kam er sehr gelegen.
Allerdings würde ich an Ihrer Stelle die Rechtschreibfehler dieses Beitrags ausmerzen, um die Professionalität zu erhöhen.
Eigentlich mit t statt d im ersten Satz, In den Jahren 2016/2017 statt in den Jahren 2016/2017 und ein Budget statt eine Budget 😉

Viele Grüße
Jannis Kaiser

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